Freistellungsbescheinigung

Die Freistellungsbescheinigung ist ein wichtiges Dokument im deutschen Steuerrecht, besonders im Baugewerbe und bei Dienstleistungen an Unternehmer. Hier erfährst du kurz und verständlich, was eine Freistellungsbescheinigung ist, wofür sie gebraucht wird und worauf du achten solltest:

✅ Was ist eine Freistellungsbescheinigung?

Die Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG wird vom Finanzamt ausgestellt und dient dazu, den Leistungsempfänger (z. B. Generalunternehmer) von der Pflicht zur Bauabzugssteuer (15 %) zu entbinden. Ohne diese Bescheinigung muss der Auftraggeber von jeder Zahlung an Bauunternehmen 15 % direkt an das Finanzamt abführen.

🏗️ Wer braucht eine Freistellungsbescheinigung?

Vor allem:

  • Bauunternehmer
  • Subunternehmer
  • Handwerksbetriebe
  • Gebäudereiniger
  • Garten- und Landschaftsbauer

Kurz: alle, die Bauleistungen (§ 13b UStG) oder vergleichbare Leistungen erbringen.

📄 Warum ist sie wichtig?

Ohne gültige Freistellungsbescheinigung:

  • wird 15 % der Rechnungssumme einbehalten
  • hast du einen Liquiditätsnachteil
  • kann dein Geschäftspartner sich gegen dich absichern, falls du Steuerschulden hast

📌 Gültigkeit & Antrag

  • Gültigkeit: i. d. R. 1 Jahr (verlängerbar)
  • Ausstellung: beim zuständigen Finanzamt
  • Formular: über das ELSTER-Portal oder schriftlich
  • Verlängerung: rechtzeitig beantragen, sonst droht Abzug

💡 Tipps

  • Lass dir die Bescheinigung immer in Kopie vom Auftragnehmer vorlegen, bevor du bezahlst.
  • Prüfe die Echtheit online über das BZSt-Abfragetool (Freistellungsbescheinigung prüfen).
  • Beantrage als Unternehmen frühzeitig eine neue, wenn die alte bald abläuft.

🔗 Online-Check (Echtheit prüfen)

Du kannst die Gültigkeit einer Freistellungsbescheinigung hier prüfen:
👉 BZSt Prüfdienst Freistellungsbescheinigung

Wenn du noch keine Freistellungsbescheinigung hast, aber einen Auftrag ausführen möchtest, kannst du den Auftrag trotzdem durchführen – aber es gibt dabei wichtige steuerliche Konsequenzen und Fallstricke. Hier sind deine Optionen und was du beachten solltest:

✅ Option 1: Auftrag ausführen – mit Steuerabzug (15 %)

Der Auftraggeber darf dir den Auftrag erteilen, auch wenn du keine Freistellungsbescheinigung hast.

Aber:
Er muss 15 % der Rechnungssumme einbehalten und direkt ans Finanzamt abführen (Bauabzugssteuer nach § 48 EStG).

Beispiel:

  • Du stellst eine Rechnung über 10.000 € netto
  • Der Auftraggeber überweist dir nur 8.500 €
  • 1.500 € führt er ans Finanzamt ab (mit deiner Steuernummer)
  • Du bekommst vom Finanzamt später eine Anrechnung auf deine Einkommens- oder Körperschaftsteuer

💡 Wichtig für dich:

  • Du hast vorerst 15 % weniger Liquidität
  • Du solltest sicherstellen, dass der Auftraggeber die 15 % korrekt abführt, damit du keine Probleme bekommst
  • Du kannst dem Auftraggeber ein Musterschreiben geben, wie er die Bauabzugssteuer richtig anmeldet

✅ Option 2: Schnell eine Freistellungsbescheinigung beantragen

Du kannst die Freistellungsbescheinigung beantragen – je nach Finanzamt kann das sehr schnell gehen (in 1–10 Tagen), wenn:

  • deine steuerlichen Pflichten erfüllt sind (Steuererklärungen abgegeben, keine Rückstände)
  • du als Unternehmen schon eine Weile existierst
  • du glaubhaft machen kannst, dass du Bauleistungen erbringst

💡 Tipp: Beantrage sie schriftlich oder über ELSTER und setze das Finanzamt ggf. telefonisch oder per Fax zusätzlich in Kenntnis, dass Eile geboten ist.

✅ Option 3: Zahlung aufschieben, bis Bescheinigung vorliegt

Wenn es für dich wirtschaftlich nicht tragbar ist, auf 15 % zu verzichten, kannst du mit dem Auftraggeber vereinbaren:

  • den Auftrag jetzt schon auszuführen
  • aber die Zahlung erst zu leisten, wenn du die Freistellungsbescheinigung nachreichst

Das setzt natürlich Vertrauen und Kulanz des Auftraggebers voraus.

✅ Option 4: Subunternehmervertrag mit Abzugsklausel

Wenn du als Subunternehmer tätig wirst, kannst du in den Vertrag schreiben:

„Sofern keine gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorgelegt wird, behält der Auftraggeber 15 % der Bruttorechnungssumme gemäß § 48 EStG ein und führt diese ans Finanzamt ab.“

Das schützt den Auftraggeber – und zeigt, dass du kooperierst.

🛑 Achtung: Kein Risiko für den Auftraggeber!

Wichtig: Wenn der Auftraggeber nicht die 15 % abführt und du keine gültige Freistellungsbescheinigung hattest, haftet er für die gesamte Summe! Deshalb sind viele Auftraggeber sehr strikt.

Du kannst den Auftrag ausführen, aber:

  • Entweder der Auftraggeber zieht 15 % ab
  • Oder du reichst die Freistellungsbescheinigung schnell nach
  • Oder ihr trefft eine Zahlungsvereinbarung

Hier ist ein Musterschreiben, das du deinem Auftraggeber geben kannst, wenn du noch keine Freistellungsbescheinigung hast. Darin erklärst du die Situation und informierst ihn, wie er mit der Bauabzugssteuer korrekt umgeht:

🧾 Musterschreiben an den Auftraggeber (Bauabzugssteuer)

[Dein Firmenname]
[Deine Adresse]
[PLZ, Ort]
[Telefonnummer]
[Steuernummer]
[USt-IdNr.]
[ggf. E-Mail]

An den Auftraggeber
[Name der Firma]
[Ansprechpartner]
[Adresse]
[PLZ, Ort]

📅 [Datum]

Bauabzugssteuer gemäß § 48 EStG – keine Freistellungsbescheinigung vorhanden

Sehr geehrte Damen und Herren,

für den zwischen uns geschlossenen Auftrag über die Erbringung von Bauleistungen möchte ich Sie darüber informieren, dass mir aktuell noch keine Freistellungsbescheinigung gemäß § 48b EStG vorliegt.

Gemäß den gesetzlichen Vorgaben sind Sie daher verpflichtet, 15 % der Bruttorechnungssumme einzubehalten und an das zuständige Finanzamt abzuführen. Die Abführung erfolgt unter Angabe meiner Steuernummer:

Steuernummer: [z. B. 12/345/67890]
Zuständiges Finanzamt: [z. B. Finanzamt Musterstadt]

Bitte verwenden Sie zur Abführung das Formular „Anmeldung zur Bauabzugssteuer“ (BauASt), das Sie über ELSTER oder in Papierform einreichen können.

Nach Abführung erhalten Sie vom Finanzamt eine Bestätigung über die erfolgte Zahlung. Diese wird mir später in meiner Steuerveranlagung gutgeschrieben bzw. angerechnet.

Sobald mir eine gültige Freistellungsbescheinigung vorliegt, reiche ich diese selbstverständlich umgehend nach. Zukünftige Rechnungen können dann ohne Steuerabzug beglichen werden.

Vielen Dank für Ihr Verständnis und die Zusammenarbeit.

Mit freundlichen Grüßen

[Dein Name / Unterschrift]
[ggf. Funktion – z. B. Inhaber, Geschäftsführer]

✅ Hinweise

  • Du kannst das Schreiben gedruckt oder per E-Mail schicken.
  • Füge die Rechnung bei oder verweise darauf.
  • Optional kannst du auch eine Bescheinigung über den Antrag beilegen (z. B. ELSTER-Bestätigung), um zu zeigen, dass du dich bereits darum gekümmert hast.

 

Ingo Noack

Ingo Noack

Ingo Noack - ich bin Chefredakteur von FirmaCo. Ich möchte Ihnen die neuesten Nachrichten aus dem Bereich Firmen Gründungen, Unternehmen erklären.

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